Während die Digitalisierung im Strom-Sektor bereits an Fahrt aufgenommen hat, fährt die Wärmewelt noch auf Sicht. Es fehlt an Transparenz in Nah- und Fernwärmenetzen, Steuerungsmöglichkeiten zur Flexibilisierung sowie der integrierten Gesamtsicht auf Strom und Wärme. Im Rahmen des Forschungsprojekts WARAN streben EWE NETZ, BTC, wesernetz Bremen, swb Erzeugung, be.storaged, SWR AG, die FfE und PPC an, diese Themen der kommunalen Wärmeversorgung bei der Sektorkopplung und Digitalisierung durch eine einheitliche und standardisierte iMSys-Infrastruktur voranzutreiben.

Mannheim / Oldenburg / Bremen / München / Rostock, den 25.01.2024: Der Rollout intelligenter Messsysteme hat endlich Fahrt aufgenommen. Die Technik hat sich bewährt, neue Prozesse haben sich etabliert, Hürden wurden identifiziert und abgebaut. Allerdings profitiert von dieser Entwicklung im Infrastrukturausbau aktuell fast ausschließlich der Stromsektor. Für die kommunale Wärmeplanung und deren Umsetzung sind die Sektorkopplung und eine flexible Energienutzung bei der Nah-/Fernwärme jedoch von herausragender Bedeutung. Dieser Bereich gilt aktuell als weitgehend nicht digitalisiert, obwohl die Wärmeerzeugung in Deutschland über 50% des Endenergieverbrauchs ausmacht.  Dabei bietet die integrierte Optimierung von Wärmenetzen und Gebäuden herausragende Potentiale für Flexibilitäten und Effizienz, die entsprechenden Steuerungsmöglichkeiten vorausgesetzt. Der Bedarf ist hoch. Mit dem Rückgang der Kohle-KWK werden neue Erzeugungsstruktur wie z.B. Groß-Wärmepumpen für die Fernwärme benötigt, die einen erheblich größeren Flexibilisierungsbedarf aufweisen und mehr Steuerung auf Kundenebene erfordern.

Ein Umstand, dem sich das nun gestartete Projekt WARAN im Zuge des DigENet II-Förderaufrufs widmen will und wird. Der Name gibt das Ziel bereits schon aus – “Wärme anbinden und netzdienlich nutzen”. Die versammelten Partner BTC, FfE, EWE NETZ, be.storaged, swb Erzeugung, wesernetz Bremen und PPC aus den Bereichen Messstellenbetrieb, Wärmenetzbetrieb, Erzeugung, Aggregation, Forschung sowie Hardwarehersteller und Systemdienstleister verfolgen dazu das Ziel, die gesamte iMSys-Infrastruktur zur Integration von Strom-zu-Wärme-Anlagen und für die Steuerung von Hausstationen im Bereich Fern-/Nahwärmenetze zu entwickeln und in Feldtests zu erproben. Damit wird nicht nur die Grundlage gelegt, um die notwendige Digitalisierung der Wärmewelt nachzuziehen. Sondern durch Sektorkopplung sowie die integrierte Optimierung der Wärmebereitstellung und Nutzung den Weg zum klimaneutralen Heizen und damit zu einem wirksamen Hebel zum Erreichen der Klimaziele zu ebnen.

Abbildung 1 Projekttreffen in Mannheim

Augen und Ohren für die deutsche Wärmewende

Die grundsätzliche Notwendigkeit zur Digitalisierung des Wärmesektors hat sich zuletzt bereits in regulatorischen Anpassungen widergespiegelt, ob im GNDEW, der FFVAV oder den Eckpunkten des gerade verabschiedeten §14a EnWG der BNetzA. Darüber hinaus stellt das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Kombination mit dem Gesetz zur Wärmeplanung die Weichen für eine klimaneutrale Wärmeversorgung. Damit soll erreicht werden, dass im Wärmesektor konsequent auf erneuerbare Energien gesetzt wird und somit die ambitionierten Ziele bei der Dekarbonisierung erreicht werden können. Wärmepumpen und die Transformation von Wärmenetzen sowie deren Ausbau übernehmen hierfür eine tragende Rolle. WARAN greift damit die dynamischen Entwicklungen in der Regulatorik auf, um Weiterentwicklungen bei Systemen und Prozessen zu strukturieren. Äquivalent zum Stromsektor wird auch die Wärmewelt transparent und steuerbar. Netz- und Messstellenbetreiber sowie Wärmenetzbetreiber können gezielter beobachten, schalten, flexibilisieren und optimieren.

Konkretes Ziel ist einerseits die Anbindung und Steuerung von Strom-zu-Wärme-Anlagen, wie beispielsweise Wärmepumpen an die sich gerade im Aufbau befindliche iMSys-Infrastruktur für netz-, markt- und systemdienliche Zwecke und anderseits die optimierte Anbindung von Wärmenetzen mittels Übergabestationen an Gebäude zur Erschließung von Flexibilitätspotentialen. Dabei führt der Weg über den CLS-Kommunikationskanal des Smart Meter Gateways. Es müssen die (Heim)Energiemanagementsysteme (HEMS) und Gatewayadministration (GWA) sowie externe Marktteilnehmer (EMT), virtuelle Kraftwerke und Messstellenbetreiber in ihren Prozessen an- und eingebunden werden. Die Ergebnisse werden nach einer Laborphase in einem anschließenden Reallabor erprobt. Abschließend werden die Weiterentwicklungen über die einheitliche iMSys-Infrastruktur in Kombination mit Strom-zu-Wärmeanlagen und Wärmenetze zusammengeführt und als gesamtheitliche Sektorkopplung betrachtet.

Darüber hinaus bildet die Nutzung der Flexibilität von Wärmenetzen und Strom-zu-Wärmeanlagen den Ausgangspunkt für die Entwicklung zukünftiger Mehrwertdienste auf der iMSys-Infrastruktur. Das Konsortium wird dafür regulatorische und kommerzielle Fragestellungen identifizieren und Lösungsoptionen in Zusammenarbeit mit Gremien- und Standardisierungspartnern aus Wirtschaft und Forschung erarbeiten, um diese in zukünftigen Roadmaps direkt mit einzuplanen. Die Konzeptionen und Feldversuche WARANs fließen damit unmittelbar zurück in die Weiterentwicklung des technischen und regulatorischen Rahmens.

Komplexe Ketten erfordern kompetente Partner 

Um ein so umfangreiches Projekt in der Wärmewirtschaft erfolgreich umzusetzen, ist es unerlässlich, engagierte und erfahrene Partnerunternehmen für alle wesentlichen Aspekte einzubeziehen. EWE NETZ bringt ihre Expertise als Messstellen- und Netzbetreiber ein und stellt zudem die Feldtestumgebung für die Integration von Strom-zu-Wärmeanlagen in die Niederspannungsnetze. wesernetz und swb Erzeugung stellen mit ihren Fernwärmenetzen und dem Hybridregelkraftwerk (HyRek) nicht nur eine Feldtestumgebung. Sie bringen darüber hinaus das nötige Know-How zu Sektorenkopplung zwischen Strom und Wärme und zum Betrieb von Wärmenetzen in das Projekt ein, welches zur Anbindung an die iMSys-Infrastruktur mitentscheidend ist. Die Oldenburger be.storaged zeigt sich für die Mehrwertdienstentwicklung sowie die lokale Optimierung durch das HEMS verantwortlich. Die SWR AG bringt als assoziierter Partner ihr technisches Knowhow aus Netz- und Messstellenbetrieb für Labor- und Feldtests ein. Die BTC wird als Bereitsteller des Virtuellen Kraftwerks (VPP) und als Systemanbieter für GWA-, sowie EMT-System für Labor und Feldtest eng mit dem Konsortialführer PPC zusammenarbeiten. Fokus wird hier die Weiterentwicklung der CLS-Systemeinheiten unter den speziellen Anforderungen des Wärmesektors sein. Die FfE wird die wissenschaftliche Begleitung über das Projekt hinweg übernehmen und die zu erprobenden Anwendungsfälle federführend mit erarbeiten.